NLP-Survival-Kit (2) – Jammern – wenn schon – dann aber richtig!
(Für alle die, die mich noch nicht persönlich kennen: Die folgenden Zeilen sind nicht ironisch sondern humorvoll-ernst gemeint.)
Heute wollen wir etwas jammern.  Aber wenn schon, dann richtig!
Bevor wir loslegen – kurz zur Begriffsklärung:
„Jammern“ stammt aus dem Westgermanischen „jamar“ = traurig, betrübt und ist wahrscheinlich eine lautmalerische Ableitung – vielleicht kommt daher auch „Ohhh Jämineh„?!
Das Positive am „richtigen“ Jammern:
Jammern – besonders in Gesellschaft mit Gleichgesinnten schafft Erleichterung oder zumindest eine Art Abstand zum Problem. Wir NLP¬¥ler sprechen von „Dissoziation„. Leider scheint im Zuge eines idealisierten Männerbildes („Ein Indianer weint nicht.„) das Jammern in die Schublade eines eher verweichlichten Verhaltensschema gerutscht zu sein. Das Jammern im Sinne von lautem Wehklagen, wie es in vielen eher emotional-expressiven Kulturen gelebt wird, ist bei uns eher zu einem leisen, rationalisierten „Pseudo-Jammern“ degeneriert ?° la:
“ Na wie gehts dir denn? – Oje, ich kann dir sagen. Momentan geht alles schief …. Ich könnte verrückt werden – und am Schlimmsten ist es in der Firma. Ich sag dir – die laufen alle wie geschlagene Hunde herum – und unsere Führung – anstatt die mal was macht – ich sag, dir, da hilft nur eins – ducken und hoffen, dass es dich nicht erwischt – Na und zu Hause ist es nicht viel anders ….und gestern hat dann auch noch mein Nachbar, der Idio…..“
Damit ist leider dem „guten“ Jammern der ursprüngliche Effekt genommen – Erleichterung bringt das nicht – höchstens die Sympathie mit einem Co-Jammerer. Blöde Konvention – vielleicht sollte man „Jammer-Treffen“ organisieren – nein das meine ich ganz ernst.
Insoweit unterscheide ich also zwischen echtem und gutem „Jammern“ und dem eher bei uns sozialisiertem „Pseudojammern„.
Also wenn Sie schon jammern, dann bitte richtig – laut.
Und wenn nicht? Wenn Sie sich lieber beherrschen wollen – dann beherrschen Sie sich bitte .
Pseudo-Jammern bringt weder Erleichterung noch bringt es Sie der Lösung näher.
Reinhold Niebuhr hat 1943 folgendes dazu geschrieben:
„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“
Das heisst:
- Es gibt Dinge, die ich nicht ändern kann – z.B. wenn ich meinen Job verliere.
Nun darüber kann ich natürlich jammern, meckern oder schimpfen – ändern wird es am eigentlichen Umstand nichts. Also warum dann jammern – wieviel besser wäre es, „das Gute im Schlechten“ zu sehen, die Chance in der Krise, sich bewusst zu machen, dass man deshalb morgen nicht zwangsläufig unter der Brücke schlafen muss – und klaren Geistes zu entscheiden, welcher Schritt nun sinnvoll ist.
… und falls es wirklich ganz dick kommt – dann raten Experten, als ersten Schritt, den Umstand zu akzeptieren, wie er ist. - Es gibt Dinge, die ich ändern kann – z.B. wenn mir mein momentaner Job nicht gefällt.
Auch darüber liesse sich natürlich trefflich jammern – aber dadurch wird der Job nicht zwangsläufig besser. Warum also jammern, wenn ich es selbst in der Hand habe, es zu ändern. Ich kann mir einen neuen Job suchen, ich kann den ewigen Konflikt dem Kollegen endlich mal lösen oder.. oder .. oder.
Kurzum: Jammern Sie richtig oder tun Sie etwas, um die Situation zu ändern. Pseudo-Jammern mag gerade in schwierigen Zeiten „schick“ sein, bringt Sie jedoch keinen Schritt weiter.
Zusammenfassung:
- Richtiges Jammern tut gut und bringt Erleichterung – ist in unserem Kulturkreis aber eher verpönt und selten.
- „Pseudo-Jammern“ bringt weder Erleichterung noch löst es irgend etwas. Es ist vielmehr Ausdruck dessen, dass man für eine Veränderung nicht bereit ist, nicht bereit den notwendigen Preis zu zahlen und die Verantwortung dafür zu tragen.
- Es gibt zwei Arten von Situationen: a) die man nicht ändern kann und b) die man ändern kann.
- Für Situationen, die man nicht ändern kann gilt: Nehmen Sie die Situation an, wie sie ist. Solange Sie sie leugnen, wird es nicht besser und blockiert den Weg zum nächsten Schritt
- Für Situationen, die man ändern kann – sollte man sich seines Einflusses bewusst werden und dann die Situation ändern.
Zum Schluss noch zwei Tipps:
- Tun Sie mal nur eine Woche lang so, als ob „Pseudo-Jammern“ hoch infektiös sei und jede Menge unangenehme Nebenwirkungen hätte, d.h. machen Sie einen grossen Bogen um jeden „Pseudo-Jammerer“.
- Tun Sie es sich nicht an, länger als 30 sec einem „Pseudo-Jammerer“ zu zuhören.
- Falls Ihnen jemals wieder der Sinn nach etwas „Pseudo-Jammern“ steht, fragen Sie sich: Kann ich die Situation ändern oder nicht. Falls ja – ändern Sie es – falls nicht, akzeptieren Sie sie. (… akzeptieren bedeutet übrigens nicht „kapitulieren“ sondern annehmen, was ist … und dann das Bestmöglichste daraus machen.)
In diesem Sinne bis zum Teil 3 meines NLP-Survival-Kits
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Hans-Jürgen Walter